Glarus

Glarus (Deutsch)

Substantiv, n, Toponym

Singular Plural
Nominativ (das) Glarus
Genitiv (des Glarus)
Glarus’
Dativ (dem) Glarus
Akkusativ (das) Glarus

Anmerkung zum Artikelgebrauch:

Der Artikel wird gebraucht, wenn „Glarus“ in einer bestimmten Qualität, zu einem bestimmten Zeitpunkt oder Zeitabschnitt als Subjekt oder Objekt im Satz steht. Ansonsten, also normalerweise, wird kein Artikel verwendet.

Worttrennung:

Gla·rus, kein Plural

Aussprache:

IPA: [ˈɡlaːʁʊs], in der Schweiz auch [ˈɡlarʊs], in der Ortsmundart [ˈɡlarɪs]
Hörbeispiele:  Glarus (Info)

Bedeutungen:

[1] politische Gemeinde und Hauptort des gleichnamigen Kantons
[2] Kanton in der Ostschweiz

Abkürzungen:

[2] GL

Herkunft:

Der älteste Beleg für Glarus datiert auf den Beginn des 9. Jahrhunderts und ist in der Legende von Felix und Regula enthalten, wo von clarona die Rede ist.[1] Vom zwölften bis ins 13. Jahrhundert findet sich eine Reihe von Belegen für Clarona, 1241 wird auch Glarus erwähnt, 1289 erscheint Clarus, 1340 Klarus und 1349 Glarona.[1] Zu romanischer Zeit wurde clarona offenbar als Plural eines Substantivs *claronum oder *clarunum angesehen, zu welchem später unter alemannischem Einfluss ein neuer Plural auf -s gebildet wurde.[1] Aus diesem claronas wurde vermutlich *claruns, das in Clarus und Glarus überging.[1]
Wie der Name Glarus entstanden ist, war im Laufe der Zeit Gegenstand mannigfaltiger Deutungsversuche. Man ging zunächst davon aus, dass Glarus sich von Hilarius herleite, indem aus der Namensform Hilaris durch gutturale Aussprache erst die Form Glaris – was Chilaris entsprechen soll[2] – und später Glarus entstand.[3] Dies bezog sich auf Hilarius von Poitiers, der über Fridolin von Säckingen mit Glarus verbunden ist. Dagegen wird indes eingewandt, dass man bei einer Ableitung von Hilarionus die Form Glariona anstelle von Glarona zu erwarten hätte.[4]
Andere gingen davon aus, dass Glarus nach einer großen Kiesbank unterhalb des Ortes Glarus benannt sei und der Name, der später auf die ganze umliegende Gegend ausgedehnt wurde, sich deshalb über das rhätisch-oberländische glaraunskiesig, steinig, voller Geröll‘ vom lateinischen glarea  laKies‘ herleite.[4][5] Dieser Ansatz ist jedoch der Kritik ausgesetzt, dass den alemannischen Glarnern, von denen die Benennung ausgegangen sein mag, das lateinische Substantiv nicht bekannt gewesen sein könne.[6]
Stattdessen soll Glarus von glaren oder glärig herstammen, was etwas starres Glänzendes („gläriges Eis“) bezeichnet.[6] Auch wurde vermutet, dass eine Verbindung zwischen Glarus und dem rhätischen Stammesnamen der Calucones bestehe, woraus durch Dissimilation *calurones und *clarones geworden sei.[7][8]
Allen bisher aufgezählten Erklärungsversuchen ist eigen, dass sie nicht von der ältesten bezeugten Form clarona mit K-Anlaut ausgehen, sondern sich auf die jüngste mundartliche Form glaris beziehen.[9] Damit beruhen sie auf der falschen Grundlage und sind allesamt aus heutiger Sicht unbrauchbar.[9]
Bezüglich clarona wird die Vermutung geäußert, dass möglicherweise eine Form *Klarunum mit illyrischem Namensuffix zu erschließen ist, so dass clarona auf eine rhätische Vorzeitbevölkerung zurückzuführen wäre, während das heutige Glarus von romanisierten Einwohnern aus der alten Namensform gebildet worden sein soll.[10] Auch dieser Ansatz wird als eher unwahrscheinlich eingeschätzt, weil das mittelalterliche Clarona nicht auf eine Form *Clarunum zurückgehen könne, denn die u-Form im Rätoromanischen (Glaruna) entstamme einer jüngeren Lautentwicklung.[11]
Die jüngste Hypothese geht nun ausgehend von der Feststellung, dass Clarona in jedem Fall aus voralemannischer Zeit stammt[11], vor und stellt die Namensform zu zahlreichen ähnlichen Toponymen im romanischen Sprachraum, beispielsweise Clarède, Chiareto, Chiarè, Chiarone.[12] Sie alle lassen sich auf das lateinische clarus  lahell‘ zurückführen.[12] Demnach wäre Clarona romanischen und nicht gallischen oder illyrischen Ursprungs.[13] Lediglich das Suffix -ona entstammt dem Gallischen; es findet sich aber häufig in romanischen Wörtern, wenn Kollektiva gebildet werden sollten.[13] Im Hinblick auf die Bedeutung der oben angesprochenen romanischen Toponyme, die von clarus  la abstammen, ist zu sagen, dass sie häufig helle Gewässer oder lichte Bereiche im Gelände kennzeichnen.[13] Daher liegt die Annahme nahe, dass Clarona anfangs eine Waldlichtung bezeichnete.[13] Indes ist nicht zu verhehlen, dass auch dieser Ansatz nicht frei von Zweifeln ist: Es wird hiergegen vorgebracht, dass Wortbildungen im Bündnerromanischen und Alpinlombardischen üblicherweise nicht von einer Form des klassischen Latein (clarus) ausgehen, sondern man eher eine leicht modifizierte Basis *clarius anzunehmen hat, woraus sich dann aber als Vorform von Glarus nicht Clarona, sondern *Clairona und ein älteres Clariona ergeben hätte.[14]

Beispiele:

[1] Veronika hat mit ihren Hunden eine Wohnung in einer ruhigen Gasse von Glarus bezogen.
[2] Glarus lädt an vielen Stellen zu ausgedehnten Wanderungen durch die Natur ein.

Charakteristische Wortkombinationen:

[1, 2] aus Glarus kommen/stammen; in Glarus arbeiten/leben/wohnen; nach Glarus fahren/reisen

Wortbildungen:

[1] Glarner

Übersetzungen

Referenzen und weiterführende Informationen:
[1] Wikipedia-Artikel „Glarus
[1] wissen.de – Lexikon „Glarus-Stadt
[1, 2] Duden online „Glarus
[1, 2] Uni Leipzig: Wortschatz-PortalGlarus
[2] Wikipedia-Artikel „Kanton Glarus
[2] wissen.de – Lexikon „Glarus-Kanton

Ähnliche Wörter (Deutsch):

Anagramme: Glasur

Quellen:

  1. Fritz Zopfi: Die Namen der glarnerischen Gemeinden. In: Die Namen der glarnerischen Gemeinden und weitere Beiträge zur Ortsnamenforschung und Siedlungsgeschichte des Glarnerlandes und seiner Nachbargebiete. Buchhandlung Baeschlin, Glarus 1984, ISBN 3-85546-019-1, Seite 40 (Reprint; Sammelband, in dem verschiedene bereits vorher in anderen Sammelwerken abgedruckte Veröffentlichungen Fritz Zopfis enthalten sind)
  2. Aug. Ebrard: Die Culdeische Kirche des sechsten, siebenten und achten Jahrhunderts. In: Christian Wilhelm Riedner in Verbindung mit der historisch-theologischen Gesellschaft zu Leipzig (Herausgeber): Zeitschrift für die historische Theologie. Dreiundddreißigster Band, Friedr. Andr. Perthes, Gotha 1863, Seite 510 (Google Books)
  3. Johann Georg Krünitz; früher fortgesetzt von Friedrich Jakob und Heinrich Gustav Floerke, und jetzt von Johann Wilhelm David Korth und Ludwig Kotzarski: Ökonomisch-technologische Encyklopädie, oder allgemeines System der Staats-, Stadt-, Haus- und Landwirthschaft und der Kunstgeschichte in alphabetischer Ordnung. Zweihundert und Erster Theil: Urcantone bis Urchristenthum, Pauli’sche Buchhandlung (Ernst Litfaß), Berlin 1850, Seite 28 (Google Books)
  4. A. Gatschet: Ortsetymologische Forschungen als Beiträge zu einer Toponymastik der Schweiz. Erster Band, Haller’sche Verlagsbuchhandlung, Bern 1867, Seite 116 (Google Books)
  5. Auf glarea verweist auch Wilhelm Bruckner: Schweizerische Ortsnamenkunde: Eine Einführung. Basel 1945, DNB 363388729; zitiert nach Johannes Hubschmid: Zur Herkunft der Namen Glarus und Clariden. In: Jahrbuch des Historischen Vereins des Kantons Glarus. Heft 53, 1949, Seite XIII
  6. Melchior Schuler: Geschichte des Landes Glarus. Friedrich Schultheß, Zürich 1836, Seite 12 (Google Books)
  7. Fritz Zopfi: [Titel unbekannt]. In: Das Land Glarus. Baeschlin, Glarus 1945, DNB 577177249; zitiert nach Johannes Hubschmid: Zur Herkunft der Namen Glarus und Clariden. In: Jahrbuch des Historischen Vereins des Kantons Glarus. Heft 53, 1949, Seite XIII
  8. Erwähnt und als unhaltbar eingestuft von Jakob Winteler; Regierung des Kantons Glarus (Herausgeber): Geschichte des Landes Glarus. Band I: Von den Anfängen bis 1638, Kommissionsverlag J. Baeschlin, Glarus MCMLII, Seite 16, DNB 455697604
  9. Fritz Zopfi: Die Namen der glarnerischen Gemeinden. In: Die Namen der glarnerischen Gemeinden und weitere Beiträge zur Ortsnamenforschung und Siedlungsgeschichte des Glarnerlandes und seiner Nachbargebiete. Buchhandlung Baeschlin, Glarus 1984, ISBN 3-85546-019-1, Seite 42 (Reprint; Sammelband, in dem verschiedene bereits vorher in anderen Sammelwerken abgedruckte Veröffentlichungen Fritz Zopfis enthalten sind)
  10. Fritz Zopfi: Die Namen der glarnerischen Gemeinden. In: Die Namen der glarnerischen Gemeinden und weitere Beiträge zur Ortsnamenforschung und Siedlungsgeschichte des Glarnerlandes und seiner Nachbargebiete. Buchhandlung Baeschlin, Glarus 1984, ISBN 3-85546-019-1, Seite 41 f. (Reprint; Sammelband, in dem verschiedene bereits vorher in anderen Sammelwerken abgedruckte Veröffentlichungen Fritz Zopfis enthalten sind)
  11. Johannes Hubschmid: Zur Herkunft der Namen Glarus und Clariden. In: Jahrbuch des Historischen Vereins des Kantons Glarus. Heft 53, 1949, Seite XIII
  12. Johannes Hubschmid: Zur Herkunft der Namen Glarus und Clariden. In: Jahrbuch des Historischen Vereins des Kantons Glarus. Heft 53, 1949, Seite XIV
  13. Johannes Hubschmid: Zur Herkunft der Namen Glarus und Clariden. In: Jahrbuch des Historischen Vereins des Kantons Glarus. Heft 53, 1949, Seite XV
  14. Heinrich Schmid: Clariden – Probleme einer Namendeutung. In: G. Lüdi, H. Stricker, J. Wüest (Herausgeber): „Romania ingeniosa“. Festschrift für Prof. Dr. Gerold Hilty zum 60. Geburtstag – Mélanges offerts à Gerold Hilty à l’occasion de son 60e anniversaire. Peter Lang, Bern/Frankfurt am Main/New York/Paris 1987, ISBN 3-261-03766-0, Seite 60 (Fußnote 42)
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