vollends

vollends (Deutsch)

Adverb

Worttrennung:

voll·ends

Aussprache:

IPA: [ˈfɔlɛnt͡s]
Hörbeispiele:

Bedeutungen:

[1] in Hinblick auf einen Rest, etwas noch Verbliebenes: ohne Ausnahme, ohne Einschränkung, in vollem Umfang
[2] bezeichnet eine Steigerung: darüber hinaus (noch), erst recht, noch dazu

Herkunft:

Das seiner heutigen Form[1] nach seit dem 17. Jahrhundert[1][2][3] bezeugte Adverb bildet sich im Anschluss an die im 16. Jahrhundert[3] im Auslaut mit unorganischem -d[1] und im Spätmittelhochdeutschen mit unorganischem -t[2] (vielleicht unter Anlehnung an vollenden) aufkommenden Formen vollend[4] und vollent  gmh,[2] welche einerseits das mittelhochdeutsche Adverb vollen  gmhvöllig[3] sowie dessen althochdeutsche Vorformen follon  goh (9. Jahrhundert) und follūn  goh (8. Jahrhundert) fortsetzen.[2] Andererseits sollen die Formen mit auslautendem -d und -t auf die mittelhochdeutsche Präposition en vollen  gmh zurückgehen, die sich zum mittelhochdeutschen Substantiv volle  gmh und dessen althochdeutsche Vorform follo  gohFülle‘ (zu den in voll behandelten Formen) stellt und somit eigentlich ‚in Fülle‘ bedeute.[1] Im Verlauf der Sprachgeschichte ging, nach dieser Interpretation, die Präposition verloren, in den Auslaut trat ein unorganisches -d und nachträglich wurde das adverbiale -s angefügt.[1]

Sinnverwandte Wörter:

[1] ganz, ganz und gar, gänzlich, völlig, vollkommen, vollständig
[1] umgangssprachlich: durch und durch, gründlich, total; zumeist emotional übertreibend oder scherzhaft: komplett
[1] emotional: restlos
[2] ansonsten, auch, außerdem, des Weiteren, ferner, obendrein, überdies
[2] österreichisch: weiters
[2] schweizerisch: im Weiteren, nebstdem; umgangssprachlich: erst noch
[2] gehoben: zudem
[2] landschaftlich: dazuhin

Gegenwörter:

[1] teils, teilweise, zum Teil

Beispiele:

[1] „Man würde sie wahrscheinlich morgen schon aus dem Bompard zurück in ein endgültiges Lager schicken, dort würde sie rasch vollends zerfallen.“[5]
[1] „Die Spannung entwich vollends, und an ihrer Stelle strömte ein ungeheurer Jubel in seine Brust.“[6]
[1] „Er dankte ihr, indem er sich vollends zu ihr umwandte, seine Arme um sie schlang und lange unersättlich blieb.“[7]
[1] „An dieser Stelle war Roberts Irrtum vollends klar.“[8]
[1] „Ich ließ ihn liegen, alles andere hätte ihn vollends umgebracht.“[9]
[1] „Ein loderndes Feuer und der Duft des bratenden Truthahns erweckten uns vollends zu neuem Leben.“[10]
[1] „Er griff wieder zum Schraubenzieher und löste das Brett vollends von den Seitenbrettern.“[11]
[1] „Nach der Pause, etliche waren nicht mehr auf ihren Platz zurückgekehrt, siechte das Stück vollends dahin.“[12]
[1] „Richard wohnt ja nun in dieser inzwischen schon zwei Jahre alten Zukunft und weiß daher, dass Libyen seit dem Sturz Gaddafis durch die verschiedenen Milizen, deren Ziele niemand mehr durchschaut, vollends in ein Schlachtfeld verwandelt worden ist.“[13]
[2] „Im Großen vollends geht es nicht anders zu.“[14]
[2] „Die offizielle Kunst des alten Reichs stellt den Gott stets als Leiche dar, in Mumienbinden gehüllt, ja das mittlere Reich, vollends die Spätzeit hat dann sogar noch Ptah, den höchsten Gott, eingeschreint.“[15]
[2] „Ich kann das nicht mehr ertragen, vollends jetzt nicht, wo fast alles, was der König tut, einem die Brust beklemmt … ich schlag dem Faß den Boden ein!“[16]
[2] „Dann wäre er vor ihr hergerannt, sicher, daß sie ihm folgte, vollends hin zum Schilf und durchs Schilf durch und hin zu der Stelle, wo im letzten Sommer das Boot angetrieben worden war, in dem Elsa und Valentin gekentert waren.“[17]
[2] „Ich habe zum Beispiel immer vermieden, die Schüler zum Unterrichtsbeginn als Gruppe, gar mit einer Ziffer zu begrüßen, vollends, wenn ich nicht vorher jeden einzelnen begrüßt habe.“[18]

Charakteristische Wortkombinationen:

[1] etwas vollends erledigen, leeren, zerstören; jemanden vollends zugrunde richten

Übersetzungen

Referenzen und weiterführende Informationen:

[1, 2] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „vollends
[*] canoo.net „vollends
[*] Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch – elexiko „vollends
[1] The Free Dictionary „vollends
[1] Duden online „vollends
[1, 2] wissen.de – Wörterbuch „vollends
[1] PONS – Deutsche Rechtschreibung „vollends
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-Lexikonvollends

Quellen:

  1. Friedrich Kluge, bearbeitet von Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24., durchgesehene und erweiterte Auflage. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 978-3-11-017473-1, DNB 965096742, Stichwort »vollends«, Seite 963.
  2. Wolfgang Pfeifer: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, digitalisierte und aufbereitete Ausgabe basierend auf der 2., im Akademie-Verlag 1993 erschienenen Auflage. Stichwort „vollends“.
  3. Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache. In: Der Duden in zwölf Bänden. neu bearbeitete 5. Auflage. Band 7, Dudenverlag, Berlin/Mannheim/Zürich 2013, ISBN 978-3-411-04075-9, Stichwort »vollends«, Seite 905.
  4. Duden online „vollends
  5. Anna Seghers: Transit. Roman. Curt Weller & Co. Verlag, Konstanz 1948, Seite 278 (Zitiert nach Google Books).
  6. Bruno Apitz: Nackt unter Wölfen. Roman. Ungekürzte Ausgabe, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1961 (rororo Taschenbuch 416/417), Seite 102 (Erstausgabe 1958).
  7. Erik Neutsch: Spur der Steine. Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 1964, Seite 648.
  8. Hermann Kant: Die Aula. Roman. Rütten & Loening, Berlin 1965, Seite 26.
  9. Jakob Arjouni: Happy birthday, Türke! Roman. Diogenes, Zürich 1987, ISBN 3-257-21544-4, Seite 147 (Erstausgabe im Buntbuch-Verlag, Hamburg 1985).
  10. John Goldsmith: Die Rückkehr zur Schatzinsel. vgs verlagsgesellschaft, Köln 1987 (Originaltitel: Return to Treasure Island, übersetzt von Uta Haas), ISBN 3-8025-5046-3, Seite 89 (Englische Originalausgabe 1985).
  11. Martin Suter: Lila, Lila. Roman. Diogenes, Zürich 2004, ISBN 978-3-257-06386-8, Seite 33.
  12. Ingo Schulze: Neue Leben. Die Jugend Enrico Türmers in Briefen und Prosa. Roman. 1. Auflage. Berlin Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-8270-0052-1, Seite 574.
  13. Jenny Erpenbeck: Gehen, ging, gegangen. Roman. 1. Auflage. Pinguin Verlag, [München] 2017, ISBN 978-3-328-10118-5, Seite 179 (Erstausgabe im Albrecht Knaus Verlag, München 2015).
  14. Max Horkheimer, Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente. Querido, Amsterdam 1947, Seite 248 (Erschien zuerst unter dem Titel: Max Horkheimer, Philosophische Fragmente. 1944).
  15. Ernst Bloch: Das Prinzip Hoffnung. 3. Band, Aufbau Verlag, Berlin 1956, Seite 217.
  16. Wolfgang Büttner: Der Trompeter der Revolution. In: DIE ZEIT. Nummer 29, 12. Juli 1996, ISSN 0044-2070, Seite 60 (DIE ZEIT Archiv-URL, abgerufen am 3. November 2018).
  17. Martin Walser: Ein springender Brunnen. Roman. 1. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-518-41010-5, Seite 218.
  18. Dietrich Esterl: Erlebnispädagogik = erlebte Pädagogik? In: erziehungskunst. Waldorfpädagogik heute. September 2010 (URL, abgerufen am 3. November 2018).
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