Erdrutsch

Erdrutsch (Deutsch)

Substantiv, m

Singular Plural
Nominativ der Erdrutsch die Erdrutsche
Genitiv des Erdrutschs
des Erdrutsches
der Erdrutsche
Dativ dem Erdrutsch
dem Erdrutsche
den Erdrutschen
Akkusativ den Erdrutsch die Erdrutsche

Worttrennung:

Erd·rutsch, Plural: Erd·rut·sche

Aussprache:

IPA: [ˈeːɐ̯tˌʁʊt͡ʃ]
Hörbeispiele:  Erdrutsch (Info)
IPA: standardsprachlich in der Schweiz oft, in Ostmittel- und Südwestdeutschland sowie Westösterreich auch, sonst selten: [ˈɛʁtˌʁʊt͡ʃ]
Hörbeispiele:

Bedeutungen:

[1] (abruptes) Abgleiten, Herabrutschen von zumeist größeren Erd- und Gesteinsmassen in abfälligem Gelände
[2] übertragen: bei einer Wahl sich ergebende unvorhergesehene, einschneidende Verschiebung von Wählerstimmen von einer Partei zu einer Gegenpartei, was sich zumeist in drastischen Stimmenverlusten bei ersterer und in einem hohen Wahlsieg bei letzterer äußert
[3] übertragen: unvorhergesehene Veränderung der (augenblicklichen) Umstände, Verhältnisse, des Status quo in einem bestimmten Zusammenhang, vor allem in der Politik

Herkunft:

  • strukturell:
Determinativkompositum aus dem Stamm von Erde und Rutsch
Bei der zweiten Bedeutung handelt es sich wahrscheinlich um eine Lehnbedeutung nach gleichbedeutend englischem landslide  en, bei der dritten Bedeutung um eine (vermutlich im Deutschen aufgekommene) Erweiterung zur zweiten.[1]

Sinnverwandte Wörter:

[1] Bergsturz, Erdlawine, Erdschlipf, Felssturz, Gesteinslawine, Mure

Oberbegriffe:

[1] Erdbewegung

Unterbegriffe:

[1] Bergrutsch, Hangrutsch

Beispiele:

[1] Ein Erdrutsch kann durch sehr viel Regen ausgelöst werden.
[1] „Offenbar gibt es von dem vielen Regen immer wieder Erdrutsche.[2]
[1] „Zwei Hirten und der Großteil ihrer Herde waren in einer Klamm von einem solchen Erdrutsch getötet worden.“[3]
[1] „Natürlich fragten wir uns, ob die beiden Vermißten durch so einen Erdrutsch verschüttet worden waren.“[4]
[1] „Der Abend begann verhalten, da es im Stollen einer Diamantenmine zu einem Erdrutsch gekommen war.“[5]
[1] „Erdrutsche begruben ganze isländische Familien, die sich auf dem Weg in die Hauptstadt befanden, unter sich.“[6]
[2] „Heute, 27. September, da die liberale Regierung unter dem ‚Erdrutsch‘ (the landslide, wie die Affäre hier pittoresk benannt ist) begraben und die Konservativen obenauf sind, […].“[7]
[2] „Schon der Erdrutsch am Wahltag war nicht bloß ein lokales Ereignis.“[8]
[2] „Das war die Geburtsstunde der »Volksfront«, die bei den Wahlen vom Februar 1936 einen überwältigenden Sieg errang. Freilich war der politische Erdrutsch letzten Endes von einer Kraft ausgelöst worden, die im Parlament überhaupt nicht in Erscheinung trat.“[9]
[2] „Das zeigte sich etwa an den Ergebnissen der regulären Gemeindewahlen, die trotz des Krieges abgehalten wurden und zwar Veränderungen, aber keinen Erdrutsch brachten.“[10]
[3] „Was der Krieg übrig gelassen hatte, nahm die Inflation fast gänzlich fort, und der mit Hilfe der Auslandskredite durchgeführte Wiederaufbau konnte einer Weltkrise wie der 1929 beginnenden nicht nur nicht standhalten, sondern der mit dieser Krise verbundene Erdrutsch brachte die Fundamente des Bankwesens in ein gefährliches Schwanken.“[11]
[3] „Denn die Wechselwirkung, die – gewollt oder ungewollt – zwischen der Bonner Ostpolitik und dem Reformkurs der Prager Kommunisten entstanden war, ließ für die Sowjetunion die Gefahr eines politischen Erdrutsches in Mitteleuropa entstehen. Ein solcher Erdrutsch hätte den Sicherheitsgürtel verbündeter Staaten zwischen Ostsee und Schwarzmeer zwar kaum zerreißen können, aber auf unkontrollierbare Weise gelockert – ohne daß Moskau greifbare Sicherheiten, militärische oder territoriale, als Ausgleich geboten worden wären.“[12]
[3] „Ein Erdrutsch im Führungsgremium der KP Chinas: Fast die Hälfte der Mitglieder des Zentralkomitees wurde ausgewechselt – die linken Radikalen, darunter Ex-Außenminister Tschiao.“[13]
[3] „Die Warschauer Parteiführung, die jetzt eine Denk- und Atempause einlegt, fühlt sich – so ist aus verläßlicher Quelle zu hören – gleichwohl weniger von den Moskauer Freunden als von den eigenen Genossen ihrer schmalen ‚Basis‘ bedrängt, denen der ideologische Erdrutsch den Rest von Autorität zu vernichten droht.“[14]
[3] „Welches einzelne von den tausend Mitgliedern der Widerstandsgruppen insgesamt wußte von sich, ob es da oben stark genug war, bis zum Letzten standzuhalten?
‚Das kann einen Erdrutsch geben …‘, flüsterte Bochow.“[15]

Wortbildungen:

[1, 2] erdrutschartig
[1] Erdrutschkatastrophe, Erdrutschwarnung
[1–3] Erdrutschgefahr
[2] Erdrutschniederlage, Erdrutschsieg, Erdrutschwahl

Übersetzungen

Referenzen und weiterführende Informationen:
[1] Wikipedia-Artikel „Erdrutsch
[1, 3] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Erdrutsch
[*] Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch – elexiko „Erdrutsch
[1] The Free Dictionary „Erdrutsch
[1, 2] Duden online „Erdrutsch
[1] Wahrig Großes Wörterbuch der deutschen Sprache „Erdrutsch“ auf wissen.de
[1] PONS – Deutsche Rechtschreibung „Erdrutsch
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-PortalErdrutsch
[1] Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 „Erdrutsch, Band 3, Spalte 779.
[1–3] Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Neubearbeitung (A–F), 9. Bände. Göttingen/Berlin 1980–2016 „Erdrutsch“ (digitalisierte Fassung), Band 8, Spalte 1684.
[1–3] Broder Carstensen (Begründer), fortgeführt von Ulrich Busse und Regina Schmude: Anglizismen-Wörterbuch. Band 1: A - E, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1993, ISBN 3-11-012854-3, DNB 931395585, Stichwort »Erdrutsch«, Seite 433–434.

Quellen:

  1. Nach Broder Carstensen (Begründer), fortgeführt von Ulrich Busse und Regina Schmude: Anglizismen-Wörterbuch. Band 1: A - E, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1993, ISBN 3-11-012854-3, DNB 931395585, Stichwort »Erdrutsch«, Seite 433.
  2. Martin Walser: Brandung. Roman. 1. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-518-03570-3, Seite 311.
  3. Christoph Ransmayr: Die letzte Welt. Roman mit einem Ovidischen Repertoire. Franz Greno Verlag, Nördlingen 1988, ISBN 3-89190-244-1, Seite 222 (Zitiert nach Google Books).
  4. Raoul Schrott: Tristan da Cunha oder Die Hälfte der Erde. Roman. Hanser Verlag, München/Wien 2003, ISBN 978-3-446-20355-6, Seite 31.
  5. Fiston Mwanza Mujila: Tram 83. Roman. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2016 (Originaltitel: Tram 83, übersetzt von Katharina Meyer und Lena Müller aus dem Französischen), ISBN 978-3-552-05797-5, Seite 59 (französische Originalausgabe 2014).
  6. Thilo Mischke: Húh! Die Isländer, die Elfen und ich. Unterwegs in einem sagenhaften Land. Ullstein extra, Berlin [2017], ISBN 978-3-86493-052-2, Seite 27–28.
  7. Arthur Holitscher: Amerika Heute und Morgen. Reiseerlebnisse. S. Fischer Verlag, Berlin 1912, Seite 118 (Zitiert nach Google Books).
  8. Kurt Becker: Menetekel im Musterland. In: DIE ZEIT. Nummer 21, 24. Mai 1968, ISSN 0044-2070, Seite 1.
  9. Hans Magnus Enzensberger: Der kurze Sommer der Anarchie. Buenaventura Durrutis Leben und Tod. Roman. 1. Auflage. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1972, ISBN 3-518-02760-3, Seite 5.
  10. Sven Felix Kellerhoff: Heimatfront. Der Untergang der heilen Welt – Deutschland im Ersten Weltkrieg. Originalausgabe, Quadriga, Köln 2014, ISBN 978-3-86995-064-8, Seite 129–130.
  11. Otto Christian Fischer: Das deutsche Bankwesen. Strukturwandlungen und Neubau. In: Deutsches Institut für Bankwissenschaft und Bankwesen (Herausgeber): Probleme des deutschen Wirtschaftslebens. Erstrebtes und Erreichtes. Eine Sammlung von Abhandlungen. Walter de Gruyter & Co., Berlin/Leipzig 1937, Seite 121 (Zitiert nach Google Books).
  12. Hansjakob Stehle: Die blockierte Ostpolitik. In: DIE ZEIT. Nummer 49, 6. Dezember 1968, ISSN 0044-2070, Seite 32 (DIE ZEIT Archiv-URL, abgerufen am 17. August 2021).
  13. Fische angeln. In: DER SPIEGEL. Nummer 40, 26. September 1977, ISSN 0038-7452, Seite 154 (DER SPIEGEL Archiv-URL, abgerufen am 17. August 2021).
  14. Hansjakob Stehle mit Material von sipa/action press: Eine Einladung zum Dialog. In: DIE ZEIT. Nummer 25, 15. Juni 1979, ISSN 0044-2070, Seite 4 (DIE ZEIT Archiv-URL, abgerufen am 17. August 2021).
  15. Bruno Apitz: Nackt unter Wölfen. Roman. 20. Auflage. Reclam, Leipzig 1985, Seite 135 (Zitiert nach Google Books; Erstausgabe 1958).
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