entbehren
entbehren (Deutsch)
Verb
Person | Wortform | |||
---|---|---|---|---|
Präsens | ich | entbehre | ||
du | entbehrst entbiehrst | |||
er, sie, es | entbehrt entbiehrt | |||
Präteritum | ich | entbehrte entbahr | ||
Konjunktiv II | ich | entbehrte entbähre | ||
Imperativ | Singular | entbehre! entbiehr! entbiehre! | ||
Plural | entbehrt! | |||
Perfekt | Partizip II | Hilfsverb | ||
entbehrt entbohren |
haben | |||
Alle weiteren Formen: Flexion:entbehren |
Anmerkung:
- Die unregelmäßigen Formen sind veraltend und werden häufig nur noch schriftsprachlich gebraucht oder im gehobenen Sprachstil verwandt.
Worttrennung:
- ent·beh·ren, Präteritum: ent·behr·te, ent·bahr, Partizip II: ent·behrt, (antiquiert, poetisch) ent·boh·ren
Aussprache:
- IPA: [ɛntˈbeːʁən]
- Hörbeispiele: entbehren (Info), entbehren (Österreich) (Info)
- Reime: -eːʁən
Bedeutungen:
- [1] transitiv, gehoben: das Nichtvorhandensein einer Person beziehungsweise einer Sache als persönlichen Mangel empfindend erdulden müssen
- [2] transitiv: nicht länger auf jemanden beziehungsweise etwas bestehen; ohne jemand beziehungsweise etwas Bestimmtes zurechtkommen
- [3] intransitiv, gehoben, mit Genitiv: etwas für notwendig, vorteilhaft, passend, angenehm Erachtetes als fehlend, mangelnd empfinden; nicht besitzen
Herkunft:
- bezeugt im Mittelhochdeutschen enbern, welches dem Althochdeutschen inberan „nicht (an, bei, mit sich) tragen, bringen“ entstammt und seinerseits die verneinte Verbform von althochdeutsch beran „tragen, bringen“ darstellt (vergleiche englisch to bear → en, deutsch gebären; siehe auch niedersächsisch bören „heben“); das althochdeutsche Verb erfuhr im Laufe der Zeit einen Bedeutungswandel von „nicht tragen“ über „nicht haben“ zu „ermangeln“; die verbale Negation wandelte sich nachträglich zur Präfixform ent-; in nachmittelhochdeutscher Zeit wich die starke Flexion der schwachen; etymologisch verwandt mit niederländisch ontberen, schwedisch umbära, undvara, dänisch undvære, norwegisch unnvære[1][2]
Synonyme:
Gegenwörter:
Oberbegriffe:
- [1] fehlen
- [2] entraten, verzichten
- [3] ermangeln
Unterbegriffe:
- [1] (einen Verlust erleiden) einbüßen, (durch eigenes Zurückziehen, Fernhalten entbehrend) sich entziehen, (vorübergehend entbehrend) hapern, (etwas Essentielles verlieren) um etwas kommen, (Lebensnotwendiges entbehrend) schmachten, (unwillentlich aufgeben) verlieren, (schmachtend zugrunde gehen) verschmachten
- [2] (aus Not verzichten müssen) darben, (freiwillig auf etwas verzichten) entsagen; (sich nicht gönnen; sich nicht zur Verfügung stellen) sich versagen
- [1b, 2] (sich lossagen; einer Sache ermangeln wollen) abschwören
- [1–3] (etwas, das als wichtig erachtet wird, nicht haben) mangeln
Beispiele:
[1] | „Ich muss nichts mehr entbehren jetzt, |
alle Farben sind übersetzt | |
in Geräusch und Geruch.“[3] |
- [1] „Ich entbehre es sehr, mich über diese und tausend andere Fragen nicht mehr mit Ihnen, lieber Freund, aussprechen zu können.“[4]
- [2] „Käthe, die seit Wochen dieses Lebensbedürfnis entbehren mußte, und nur den Geruch von Seife, Spülich oder Faßbutter gewöhnt war, fühlte sich jetzt wie berauscht, gleich einer Gefangenen, die plötzlich die Freiheit wieder erlangt.“[5]
- [2] „Das Fräulein war inzwischen in eine Seitengasse eingebogen, aber K. konnte sie schon entbehren und überließ sich seinen Begleitern.“[6]
- [2] „Das ist so unendlich unfruchtbar, zu glauben, man könne die negative Tätigkeit des Niederreißens entbehren, wenn man aufbauen will.“[7]
- [2] (auch ohne Objekt) Sie müssen entbehren lernen.
- [3] „›Tannhäuser seid willkommen hier, / Hab euer lang entbohren, / Seid mir willkommen, lieber Herr, / Zum Buhler auserkoren.‹“[8]
- [3] „Der Vergleich mit dem nationalsozialistischen Unrechtsregime jedoch ist eine unverschämte Beleidigung, entbehrt jeglicher Grundlage und verhöhnt die Opfer des Nationalsozialismus.“[9]
- [3] „Dass Rap-Musik jetzt zum neuen Betätigungsfeld der Rechten werden soll, entbehrt nicht einer gewissen Komik. Schließlich stammt die Musik ursprünglich aus den Ghettos der USA und war einst Sprachrohr gegen soziale Missstände und rassistische Unterdrückung von farbigen US-Amerikanern.“[10]
Charakteristische Wortkombinationen:
- [2] gern entbehren, leicht entbehren, ungern entbehren
- [1–3] ganz und gar entbehren, kaum entbehren, viel entbehren
- [3] jeder / jeglicher Grundlage / Logik / Plausibilität / Rechtfertigung / Sachkenntnis [...] entbehren
- [3] floskelhaft: nicht der Komik entbehren, nicht einer gewissen Komik / Ironie entbehren
Wortbildungen:
- [1] entbehrlich, Entbehrlichkeit, Entbehrung, entbehrungsreich, entbehrungsvoll
Übersetzungen
[1] jemanden oder etwas schmerzlich vermissen
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[2] nicht länger auf jemanden oder etwas bestehen; ohne jemand oder etwas Bestimmtes zurechtkommen
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[3] etwas für notwendig, vorteilhaft, passend, angenehm Erachtetes als fehlend, mangelnd empfinden; nicht besitzen
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Referenzen und weiterführende Informationen:
- [1–3] Duden online „entbehren“
- [1–3] Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 „entbehren“
- [1–3] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „entbehren“
- [1–3] Uni Leipzig: Wortschatz-Portal „entbehren“
Quellen:
- vergleiche Friedrich Kluge, bearbeitet von Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24., durchgesehene und erweiterte Auflage. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 978-3-11-017473-1, DNB 965096742, Seite 246
- vergleiche Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 „entbehren“
- Wikisource-Quellentext „Rainer Maria Rilke: Die Blinde. In: Das Buch der Bilder, 2. Auflage, 2. Buch, Teil 2; Axel Junker Verlag, Berlin, Leipzig, Stuttgart 1906. Seite 173“.
- Wikisource-Quellentext „Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten, 15. Auflage, Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903“.
- Wikisource-Quellentext „Gabriela Zapolska: Käthe. (Übersetzer unbekannt). In: Ausgewählte Romane, 6. Auflage, Oesterheld & Co., Berlin 1924. Seite 213“.
- Wikisource-Quellentext „Franz Kafka: Der Process, 10. Kapitel, 1925. In: Max Brod (Hrsg.): Gesammelte Werke, Band 1, S. Fischer, Frankfurt 1950 ff. Seite 269“.
- Wikisource-Quellentext „Kurt Tucholsky: Wir Negativen. In: Siegfried Jacobsohn (Hrsg.): Die Weltbühne, Jahrgang 15, Nummer 12 vom 13. März 1919, I, Seite 282“.
- Karl Simrock → WP: Lieder der Minnesinger. In: Projekt Gutenberg-DE. 47. Volkslied vom Tannhäuser (URL).
- Streit zwischen Mixa und Roth: "Durchgeknallt" gegen "faschistoid". In: sueddeutsche.de. 17. Mai 2010, ISSN 0174-4917 (URL, abgerufen am 4. November 2013).
- Michael Klarmann: Rechts rappt sich in Szene. In: taz.de. 10. Januar 2006, ISSN 2626-5761 (URL, abgerufen am 4. November 2013).
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