Tülle
Tülle (Deutsch)
Substantiv, f
Singular | Plural | |
---|---|---|
Nominativ | die Tülle | die Tüllen |
Genitiv | der Tülle | der Tüllen |
Dativ | der Tülle | den Tüllen |
Akkusativ | die Tülle | die Tüllen |
- [2] Tülle und Teekanne aus Keramik bei der Fertigung im kanadischen Saint-Joseph-de-Beauce;
historische Aufnahme von Omer Beaudoin aus dem Jahr 1947 - [3] Pfeilspitze mit Tülle, in der der Schaft aus Zedernholz sitzt;
Aufnahme von Benutzer Boneshaker am 24. Junar 2007 - [3] Tülle einer Heugabel, die sich oberhalb der tief im Stroh steckenden Zinken befindet;
Aufnahme von Benutzer Лобачев Владимир (Lobačev Vladimir) am 18. September 2010
Worttrennung:
- Tül·le, Plural: Tül·len
Aussprache:
- IPA: [ˈtʏlə]
- Hörbeispiele: Tülle (Info)
- Reime: -ʏlə
Bedeutungen:
- [1] landschaftlich, besonders ostmitteldeutsch, norddeutsch: kurze Röhre oder Rinne (zum Beispiel als Teil einer Wasserleitung, einer Pumpe, eines Brunnens, eines Gerätes; als Endstück einer Spritztüte), durch die etwas ausfließen kann
- [2] landschaftlich, besonders ostmitteldeutsch, norddeutsch: kurze, röhrenförmige Öffnung beziehungsweise rinnenförmige Ausbuchtung eines Gefäßes für Flüssigkeiten (vor allem einer Kanne, eines Kruges), durch die die jeweilige Flüssigkeit gezielt ausgegossen werden kann
- [3] landschaftlich, besonders ostmitteldeutsch, norddeutsch: kurzer, röhrenartiger Teil eines Gerätes (vor allem eines Werkzeugs), der als Halterung eines Griffes, Schaftes, Stieles oder dergleichen dient
- [4] thüringisch: röhrenartiger hölzerner Behälter, in dem der Wetzstein feucht aufbewahrt wird
Herkunft:
- Das Wort geht über die mittelhochdeutsche Form tülle → gmh[1][2] n[3] auf das seit dem 9. Jahrhundert[1][3] bezeugte althochdeutsche tulli → goh[1][2] n[3] ‚Röhre an der Pfeil- oder Speerspitze‘[1][2][3] zurück. Das Wort gehört zu der unter Tal und Delle behandelten indoeuropäischen Wurzel *dhel- ‚Biegung, Höhlung, Wölbung‘.[2][3]
Synonyme:
- [2] Ausgießer, Schnabel
- [2] verdeutlichend: Ausgusstülle
- [2] umgangssprachlich: Schnauze
- [2] landschaftlich: Ausguss, Schnaupe, Schneppe
- [4] Schlotterfass, Wetzsteinbecher, Wetzsteinbehälter
- [4] ostmitteldeutsch: Wetzkieze
- [4] süddeutsch, österreichisch: Kumpf
- [4] thüringisch verdeutlichend: Wetztülle
Unterbegriffe:
- [2] Schlauchtülle, Spritztülle
- [3] Abdichttülle, Dichtungstülle, Durchführungstülle, Kabeltülle, Schnurschutztülle, Steckertülle
Beispiele:
- [1] „Die blauen Augen des Prorektors, als er dies gewahr wurde, glänzten, ich wurde von drei der ſtärkſten Jungen auf Befehl unter den Brunnen geführt, unter die Tülle geſtellt, und ſo wurde mir, bis es Voll ſchlug, Waſſer auf den Kopf und in den Rockkragen gepumpt.“[4]
- [1] „Jo-Hannes, der gute Jo-Hannes, saß am Küchentresen und spritzte mit einer Tülle Rosetten aus Sahnemeerrettich auf den Lachs.“[5]
- [1] „Anerkennung fand ich bei Robert nur sporadisch, zum Beispiel wenn es mir gelang, die Tülle der Wäscheschleuder über dem Eimer zu halten.“[6]
- [2] „Frau Nimptſch ſelbſt aber ſaß wie gewöhnlich an dem großen, kaum fußhohen Herd ihres die ganze Hausfront einnehmenden Vorderzimmers und ſah, hockend und vorgebeugt, auf einen rußigen alten Theekeſſel, deſſen Deckel, trotzdem der Wraſen auch vorn aus der Tülle quoll, beſtändig hin und her klapperte.“[7]
- [2] „Ich wuͤrde mich zu Tode graͤmen — und das wollt ihr beide doch gewiß nicht — von dir weiß ich es zwar, aber von Heinrich iſt mir das nicht ſo ſicher — zu Tode … wenn davon auch nur bei einer Sauciere die Tuͤlle abgeſtoßen wuͤrde.“[8]
- [2] „Ich nehm die Kanne, eine vom Regal mit dickem Bauch und abgeschlagener Tülle, Deckel hat sie auch nicht mehr, richtige alte Schrebergartenkanne, robbe raus, will was abgeben an die, die in den Löchern liegen, halt sie hoch, bin vorsichtig, will’s nicht verschwappen, klack macht’s. Henkel in der Hand, Kanne weg, den Henkel hab ich noch, ich knall zurück, rein in die Laube, […].“[9]
- [2] „Lee Jay stand da, beugte sich über die Lehne und hatte den Kopf so weit gesenkt, daß sein Rockkragen wie die Tülle eines Kohleneimers hinter ihm hochragte.“[10]
- [2] „Eine Teekanne muss weiterhin eine Tülle zum Ausgießen und einen Griff besitzen, und schließlich gehört zu ihr noch ein herausnehmbarer Einsatz zum Aufbrühen.“[11]
- [2] „Die Teekanne blies noch Wölkchen aus der Tülle, und Sonnenlicht strömte durch die offenen Fenster.“[12]
- [3] „Der Pfeil war 2 Fuß bis 1 Meter lang, befiedert; die Spitze hat verſchiedene, breitere und ſchmalere Form, mit oder ohne Widerhaken, auch dreikantige, ſtilettartige Spitzen kommen neben den gewöhnlichen zweikantigen vor; auf dem Schaft iſt die Spitze mit einem Angel befeſtigt oder der Schaft in eine Tülle eingelaſſen.“[13]
- [3] „Er hat eine völlig zylindrische Tülle, die bis in Höhe der Knaufplatte reicht und hier flach abschließt.“[14]
- [4] „Erhalten ist eine bikonische Tülle mit stilisiertem Steinbock. Darin ein lanzettförmiger Wetzstein.“[15]
Charakteristische Wortkombinationen:
- [2] die Tülle einer Kanne, eines Kruges, eines Teekessels
- [3] die Tülle einer Gabel, einer Hacke, einer Schaufel, einer Schuffel
- [3] die Tülle eines Kerzenhalters, eines Leuchters
- [3] die Tülle einer Lanze, einer Partisane, einer Pfeilspitze, eines Speeres
Übersetzungen
[1] kurze Röhre oder Rinne
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[2] kurze, röhrenförmige Öffnung beziehungsweise rinnenförmige Ausbuchtung eines Gefäßes
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[4] röhrenartiger hölzerner Behälter für einen Wetzstein
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Referenzen und weiterführende Informationen:
- [1, 2] Wikipedia-Artikel „Tülle (Ausguss)“
- [3] Wikipedia-Artikel „Tülle (Werkzeug)“
- [1–3] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Tülle“
- [*] Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch – elexiko „Tülle“
- [2] The Free Dictionary „Tülle“
- [2, 3] Duden online „Tülle“
- [2, 3] Wahrig Großes Wörterbuch der deutschen Sprache „Tülle“ auf wissen.de
- [2] PONS – Deutsche Rechtschreibung „Tülle“
- [*] Uni Leipzig: Wortschatz-Portal „Tülle“
- [1–4] Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 „Tülle“
Quellen:
- Wolfgang Pfeifer: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, digitalisierte und aufbereitete Ausgabe basierend auf der 2., im Akademie-Verlag 1993 erschienenen Auflage. Stichwort „Tülle“
- Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache. In: Der Duden in zwölf Bänden. 6., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Band 7, Dudenverlag, Berlin 2020, ISBN 978-3-411-04076-6, Stichwort »Tülle«, Seite 878.
- Friedrich Kluge, bearbeitet von Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 25., durchgesehene und erweiterte Auflage. Walter de Gruyter, Berlin/Boston 2011, ISBN 978-3-11-022364-4, DNB 1012311937, Stichwort »Tülle«, Seite 934.
- Franz Ziegler: Meine erſte Rebellion. Eine Weihnachtsabend-Plauderei. In: Geſammelte Novellen und Briefe aus Italien. Dritter Band, Verlag von Franz Duncker, Berlin 1872, Seite 41 (Zitiert nach Digitalisat des MDZ).
- Susanne Riedel: Eine Frau aus Amerika. Roman. Berlin Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-8270-0499-3, Seite 206.
- Ingo Schulze: Neue Leben. Die Jugend Enrico Türmers in Briefen und Prosa. Roman. 1. Auflage. Berlin Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-8270-0052-1, Seite 413.
- Theodor Fontane: Irrungen, Wirrungen. Roman. 1. Auflage. Verlag von F. W. Steffens, Leipzig 1888, Seite 2–3 (Zitiert nach Deutsches Textarchiv).
- Georg Hermann: Heinrich Schön jr. Roman. 18. Auflage. Egon Fleiſchel & Co., Berlin 1917, Seite 79 (Zitiert nach Google Books; Erstausgabe 1915).
- Hildegard Knef: Der geschenkte Gaul. Bericht aus einem Leben. 6. Auflage. 301.–400. Tausend, Fritz Molden, Wien/München/Zürich 1970, Seite 103 (Zitiert nach Google Books).
- Marc Steadman: Schwarze Chronik. Ein Südstaaten-Dekameron. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1980 (Originaltitel: MacAfee county, übersetzt von Elisabeth Schnack), ISBN 3-596-22489-6, Seite 299 (englische Originalausgabe 1970).
- Harry Lehmann: Gehaltsästhetik. Eine Kunstphilosophie. Wilhelm Fink, Paderborn 2017, ISBN 978-3-8467-5983-7, Seite 92 (E-Book; zitiert nach Google Books; Erstausgabe 2016).
- Sharon Dodua Otoo: Adas Raum. Roman. Originalausgabe, 2. Auflage. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2021, ISBN 978-3-10-397315-0, Seite 59.
- Hermann Fischer: Grundzüge der Deutſchen Altertumskunde. Verlag von Quelle & Meyer, Leipzig 1908, Seite 124 (Zitiert nach Internet Archive).
- Harry Wüstemann, Josef Riederer: Die Schwerter in Ostdeutschland. Franz Steiner, 2004, Seite 177 (Zitiert nach Google Books).
- Los 441. Wetzstein mit Griff. In: GM Gorny & Mosch. Giessener Münzhandlung GmbH. auktionen.gmcoinart.de, abgerufen am 12. Oktober 2021 (Auktion 264 Kunst der Antike Donnerstag, 27.06.2019 10.00 Uhr. Onlinekatalog (Archiv)).
Deklinierte Form
Worttrennung:
- Tül·le
Aussprache:
- IPA: [ˈtʏlə]
- Hörbeispiele: Tülle (Info)
- Reime: -ʏlə
Grammatische Merkmale:
- Nominativ Plural des Substantivs Tüll
- Genitiv Plural des Substantivs Tüll
- Akkusativ Plural des Substantivs Tüll
Tülle ist eine flektierte Form von Tüll. Alle weiteren Informationen findest du im Haupteintrag Tüll. Bitte nimm Ergänzungen deshalb auch nur dort vor. |
Ähnliche Wörter (Deutsch):
- ähnlich geschrieben und/oder ausgesprochen:
- Levenshtein-Abstand von 1: Tolle, Tüll
- Levenshtein-Abstand von 2: Töle
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