Hebamme
Hebamme (Deutsch)
Substantiv, f
Singular | Plural | |
---|---|---|
Nominativ | die Hebamme | die Hebammen |
Genitiv | der Hebamme | der Hebammen |
Dativ | der Hebamme | den Hebammen |
Akkusativ | die Hebamme | die Hebammen |
Anmerkung:
- Es gab in Österreich Bestrebungen, das männliche Genus für Hebamme zu etablieren.[1]
Worttrennung:
- Heb·am·me, Plural: Heb·am·men
Aussprache:
- IPA: [ˈheːpˌʔamə], [ˈheːˌbamə]
- Hörbeispiele: Hebamme (Info), Hebamme (Info)
Bedeutungen:
- [1] früher kundige, heutzutage an einer speziellen Lehranstalt ausgebildete und staatlich geprüfte Person, die während der Schwangerschaft, bei der Geburt, während des Wochenbetts und der Stillzeit die werdende beziehungsweise frischgebackene Mutter berät, betreut und ihr Hilfe leistet (meist eine Frau; seit 1994 in Österreich und seit 2020 in Deutschland führen auch männliche Berufsangehörige den Titel „Hebamme“[2])
- [2] Gerät, mit dem Korken aus einer Flasche gezogen werden
- [3] Gerät, mit dem sich Flaschen mit Kronenkorken-Verschluss öffnen lassen
- [4] Assistent eines Regisseurs
Herkunft:
- [1] Bei dem auf das deutsche Sprachgebiet beschränkten Ausdruck[3] handelt es sich um ein seit dem 9. Jahrhundert[4][5] bezeugtes Erbwort, dessen althochdeutsche Formen heviana → goh[4], hevianna → goh[3][4][5], hevanna → goh[3][4][5] sowie hevamma → goh[4][5] lauteten. Diese leben mundartlich heute noch fort (hebane und so weiter).[4] Die Herkunft des Zweitglieds -anna ist dunkel.[4] Vermutlich sind die Formen einerseits aus dem unter heben dargestellten Verbalstamm[5], der sich offenbar auf das Hochheben des Kindes unmittelbar nach der Geburt bezieht[4], und althochdeutschem ana → goh ‚Großmutter‘ (siehe Ahne) zusammengesetzt, wodurch die Komposita also eigentlich eine ‚Großmutter beziehungsweise alte Frau, die das Neugeborene aufhebt‘ bezeichnen[5]. Andererseits könnte es sich vermutlich auch ursprünglich um eine Bildung mit dem althochdeutschen Suffix -ina zu dem althochdeutschen Verb heffen → goh ‚heben‘ als ‚die Heberin‘ nach dem Muster von althochdeutsch meisterina → goh ‚Leiterin‘ handeln.[3] Die Umdeutung des Grundwortes -ana über verstärkendes -anna zu -amma ‚Amme‘ vollzieht sich bereits im Althochdeutschen und setzt sich im Mittelhochdeutschen fort[5], in dem Formen wie hebeamme → gmh[3][4][5], hebamme → gmh[3] und hefamme → gmh[5] neben gleichbedeutend hebemuoter → gmh[5] bezeugt sind. Im Neuhochdeutschen setzt sich »Hebamme« gegen landschaftliche Ausdrücke wie Bademutter, Hebemutter, Kindermutter, weise Frau und Wehmutter (eine Prägung Luthers) durch und wird zur allgemein gültigen Berufsbezeichnung.[5]
- [2] Die ab 1960 bezeugte und von der Kellnersprache in die Umgangssprache übernommene Bedeutungsübertragung fußt darauf, dass der Vorgang im Prinzip einer (Zangen-)Geburt ähnelt und außerdem eine Anspielung auf heben ‚trinken‘ vorliegt.[6][7]
- [3] Diese Bedeutung ist ebenfalls ab 1960 bezeugt und wurde aus der Kellnersprache in die Umgangssprache übernommen.[6][7]
- [4] Diese Bedeutung ist aus der Filmsprache in die Umgangssprache eingegangen und dort ab 1920 bezeugt.[6] Das umgangssprachliche Übertragungsmotiv fußt darauf, dass der Regieassistent eine Art Geburtshelfer bei der Filmaufnahme ist.[6]
Synonyme:
- [1] Geburtshelferin
- [1] fachsprachlich (Medizin): Obstetrix
- [1] veraltet: Bademuhme, Bademutter, Frodfrau, Hebemutter, Kindermutter, Kindmuhme, Küchleinmutter, Sage Femme, Wehfrau, Wehmutter, weise Frau/Weisfrau/Weisefrau, Weisemutter
- [1] umgangssprachlich[8]: Empfangsdame, Grapsche, Mutter Graps, Storch/zumeist: Frau Storch
- [1] männliche Hebammen: Geburtshelfer
- bundesdeutsch, schweizerisch offiziell: Entbindungspfleger
- umgangssprachlich: Hebammer[6], Hebammerich[6]
- [1] Brasilien (Rio Grande do Sul, Santa Catarina): Parteira
- [1] Nordamerika (Pennsylvaniadeutsch): Wartefrau
- [2] Korkenzieher
- [2] bundesdeutsch landschaftlich: Korkzieher, Pfropfenzieher
- [2] österreichisch: Stoppelzieher
- [2] schweizerisch: Zapfenzieher
- [3] Flaschenöffner
- [4] Regieassistent
Sinnverwandte Wörter:
- [1] Doula
Gegenwörter:
- [1] Engelmacherin
Männliche Wortformen:
- [1] Deutschland 1987–2020 offiziell: Entbindungspfleger
- [1] Deutschland, Österreich offiziell: Hebamme
- [1] umgangssprachlich: Hebammer[6], Hebammerich[6]
Unterbegriffe:
- [1] Beleghebamme, Familienhebamme, Lehrhebamme, Privathebamme
Beispiele:
- [1] Die Hebamme half der gebärenden Schwangeren bei der Niederkunft und der Entbindung.
- [1] „«Eine Aufgabe für Hebammen», erwiderte der Arzt mürrisch. «Dazu bin ich hergebeten worden?»“[9]
- [1] „Im Grunde genommen ist er eine perfekte Hebamme, er hat alles, was eine Hebamme braucht. Er ist eloquent, er ist durchsetzungskräftig, er begleitet gut, er ist liebevoll, wenn es notwendig ist, er ist sorgfältig.“[10]
- [1] „Die Erstgebärende ist bei den Hebammen am wenigsten beliebt, denn sie ist unerfahren, und nicht immer wird sie behutsam behandelt.“[11]
- [1] „‚Hole so schnell wie möglich den Sanitätsrat Querfot und die Hebamme Kakeldütt.[…]‘“[12]
- [1] „Sie gratulieren mir, und ich kann nicht umhin, diese Gratulation in Gedanken weiterzugeben an eine längst verstorbene Frau, eine gewisse Josefine H., die in meinem Geburtsschein als Hebamme eingetragen ist.“[13]
- [1] „Das komplexe Wechselspiel zwischen der Anatomie des aufrechten Ganges und den Anforderungen eines großen Gehirns ist dennoch faszinierender als verklärte Romanerzählungen. Und entgegen anders lautenden Behauptungen ist vielleicht der Beruf der Hebamme das älteste Gewerbe der Welt.[14]
- [1] „Lea entband in der Lindenallee, mit Hilfe Doktor Aarons und einer Hebamme.“[15]
- [1] „Die Hebamme hieß Frau Rassmann und wohnte in Mathesdorf, fünf Straßenbahnstationen vom Haus der Eckerts entfernt.“[16]
- [1] „Der Arzt, den Ernst unbedingt hatte rufen müssen, holte umgehend eine Hebamme herbei.“[17]
- [2] „Für alte Weine nutze ich manchmal auch die sogenannte Hebamme, eine Art Zange, die man zwischen Flaschenhals und Korken schiebt.“[18]
- [3] „[…] und Felix sprang auf, holte Bier, Glas und «Hebamme», wie Friedrich den Flaschenöffner nannte. Mit geübtem Griff hebelte er den Deckel vom Flaschenkopf und goss das Bier langsam in das Glas, das er schräg hielt, damit nicht zu viel Schaum entstand.“[19]
- [4]
- [4] „Kann man den Regisseur als Geburtshelfer des Dramas bezeichnen, so den Inspizienten als die Hebamme jeder Theatervorstellung.“[20]
Redewendungen:
- [1] umgangssprachlich: geistige Hebamme[6]
Charakteristische Wortkombinationen:
- [1] freiberufliche, freipraktizierende, freischaffende Hebamme; erfahrene Hebamme
Wortbildungen:
- [1] Hebammenausbildung, Hebammengesetz, Hebammenkunde, Hebammenkunst, Hebammenlehranstalt, Hebammenlehrbuch, Hebammenlehrer, Hebammenschule, Hebammenschülerin, Hebammentasche, Hebammenverband, Hebammenwesen, Hebammenwissenschaft, Reichshebammenschaft, Reichshebammenführerin
- [1] umgangssprachlich: Hebammenbier[6], Hebammenfinger[6], Hebammen-Marsch[6]
Entlehnungen:
- [1] Limburgisch: hebamme
- [1] Luxemburgisch: Hiewan
- [1] Rätoromanisch: habana, hebama, hebamma
Übersetzungen
[1] Person, die eine schwangere und gebärende Frau berät, betreut und ihr Hilfe leistet
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Referenzen und weiterführende Informationen:
- [1] Wikipedia-Artikel „Hebamme“
- [1] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Hebamme“
- [*] Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch – elexiko „Hebamme“
- [1] The Free Dictionary „Hebamme“
- [1] Duden online „Hebamme“
- [1] Wahrig Großes Wörterbuch der deutschen Sprache „Hebamme“ auf wissen.de
- [*] Uni Leipzig: Wortschatz-Portal „Hebamme“
- [1] Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 „Hebamme“
- [2–4] Heinz Küpper: Illustriertes Lexikon der deutschen Umgangssprache in 8 Bänden. 4. Band Haut–Kost, Klett, Stuttgart 1983, ISBN 3-12-570140-6, DNB 831065346, Stichwort »Hebamme«, Seite 1227.
- [1] Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache. In zehn Bänden. 3., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. 4. Band Gele–Impr, Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 1999, ISBN 3-411-04773-9, DNB 965408256, Stichwort »Hebamme«, Seite 1706.
- [2, 3] Heinz Küpper: Wörterbuch der deutschen Umgangssprache. In: Digitale Bibliothek. 1. Auflage. 36, Directmedia Publishing, Berlin 2006, ISBN 3-89853-436-7, Stichwort »Hebamme«.
- [1] Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Deutsches Universalwörterbuch. Das umfassende Bedeutungswörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. 8., überarbeitete und erweiterte Auflage. Dudenverlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-411-05508-1, Stichwort »Hebamme«, Seite 811.
Quellen:
- Maria Pober: Gendersymmetrie. Überlegungen zur geschlechtersymmetrischen Struktur eines Genderwörterbuches im Deutschen. Königshausen & Neumann, Würzburg 2007, ISBN 978-3-8260-3445-9, Seite 108 (Google Books).
- Wikipedia-Artikel „Hebamme“ (Stabilversion)
- Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache. In: Der Duden in zwölf Bänden. 5., neu bearbeitete Auflage. Band 7, Dudenverlag, Berlin/Mannheim/Zürich 2013, ISBN 978-3-411-04075-9, Stichwort »Hebamme«, Seite 372.
- Friedrich Kluge, bearbeitet von Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24., durchgesehene und erweiterte Auflage. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 978-3-11-017473-1, DNB 965096742, Stichwort »Hebamme«, Seite 398.
- Wolfgang Pfeifer: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, digitalisierte und aufbereitete Ausgabe basierend auf der 2., im Akademie-Verlag 1993 erschienenen Auflage. Stichwort „Hebamme“
- Heinz Küpper: Illustriertes Lexikon der deutschen Umgangssprache in 8 Bänden. 4. Band Haut–Kost, Klett, Stuttgart 1983, ISBN 3-12-570140-6, DNB 831065346, Stichwort »Hebamme«, Seite 1227.
- Heinz Küpper: Wörterbuch der deutschen Umgangssprache. In: Digitale Bibliothek. 1. Auflage. 36, Directmedia Publishing, Berlin 2006, ISBN 3-89853-436-7, Stichwort »Hebamme«.
- Alle nach Heinz Küpper: Illustriertes Lexikon der deutschen Umgangssprache. In 8 Bänden. Klett, Stuttgart 1982–1984, DNB 550923802 sowie Heinz Küpper: Wörterbuch der deutschen Umgangssprache. In: Digitale Bibliothek. 1. Auflage. 36, Directmedia Publishing, Berlin 2006, ISBN 3-89853-436-7.
- Werner Bergengruen: Der Großtyrann und das Gericht. Roman. Verlag der Arche, Zürich 1949, Seite 44 (Zitiert nach Google Books).
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- El-Said Badawi, Martin Hinds: A Dictionary of Egyptian Arabic. Arabic-English. Librairie du Liban, Beirut 1986, Stichwort »مولّدة«, Seite 955.
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- Mundartnahe Umschrift nach Karl Stowasser, Moukhtar Ani (Herausgeber): A Dictionary of Syrian Arabic. English–Arabic. Georgetown University Press, Washington, D.C. 2004 (Georgetown classics in Arabic language and linguistics), ISBN 1-58901-105-8, Stichwort »midwife«, Seite 149.
- D.R. Woodhead, Wayne Beene (Hrsg.); under the technical direction of Karl Stowasser, with the assistance of Majid Damah, Faisal Al-Khalaf, Husain Mustafa, Darrel Smith, Ronald G. Wolfe: A Dictionary of Iraqi Arabic. Arabic–English. Georgetown University Press, Washington, D.C. 1967, ISBN 0-87840-281-0, Stichwort »¹j-d-d, jidda«, Seite 67.
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- D.R. Woodhead, Wayne Beene (Hrsg.); under the technical direction of Karl Stowasser, with the assistance of Majid Damah, Faisal Al-Khalaf, Husain Mustafa, Darrel Smith, Ronald G. Wolfe: A Dictionary of Iraqi Arabic. Arabic–English. Georgetown University Press, Washington, D.C. 1967, ISBN 0-87840-281-0, Stichwort »qaabila«, Seite 366.
- Beverly E. Clarity, Karl Stowasser, Ronald G. Wolfe, D.R. Woodhead, Wayne Beene (Herausgeber): A Dictionary of Iraqi Arabic. English–Arabic Arabic–English. Georgetown University Press, Washington, D.C. 2003, ISBN 0-87840-136-9, Stichwort »qaabila«, Seite 366 (arabisch-englischer Teil).
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- Mundartnahe Umschrift nach ebenda, Stichwort »naafiseh«, Seite 7, 100.
- The Comprehensive Aramaic Lexicon Project „mḥblh, mḥbltˀ“
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- Asya Asbaghi; unter Mitarbeit von Hans-Michael Haußig: Grosses Wörterbuch Persisch–Deutsch. Helmut Buske Verlag, Hamburg 2007, ISBN 978-3-87548-401-4, Stichwort »ماما«, Seite 778.
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- Ferit Devellioğlu: Osmanlıca-Türkçe Ansiklopedik Lûgat. Eski ve yeni harflerle. Aydın Kitabevi, Ankara 1986, Stichwort »pâzâc پازاج«, Seite 1024.
- Ebenda, Stichwort »kabile قابله«, Seite 572.
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